„Cult of the New“ – Sind neue Brettspiele besser?

Cult of the New nennt man einen Trend, der auch in der Brettspiel-Welt häufig zu beobachten ist.

Als „Reiz des Neuen“ könnte man es übersetzen. Damit ist gemeint, dass viele Brettspieler lieber auf neue Spiele setzen, als ältere Brettspiele zu spielen.

Was ist dran an dieser Entwicklung und ist das überhaupt was schlechtes? Natürlich interessiert mich auch brennend, was ihr darüber denkt.

Für evtl. enthaltene Werbe-Links auf dieser Seite zahlt der Händler ggf. eine Provision. Diese Werbe-Links sind am Sternchen (*) zu erkennen. Für dich ändert sich nichts am Preis. Mehr Infos.

Cult of the New – Der Kult des Neuen

Die ersten Vorschau-Artikel für die SPIEL 2018 im Oktober sind bereits jetzt in Arbeit und in diversen Foren werden kommende Brettspiele diskutiert.

Auf Kickstarter starten täglich neue Brettspiel-Kampagnen und auf YouTube-Kanälen über Brettspiele gibt es fast nur Videos zu neuen Spielen.

Man hat das Gefühl, dass der Cult of the New in der Brettspiel-Welt sehr stark um sich gegriffen hat. Doch ist es wirklich so und was wären die Folgen?

Was ist daran gut?

Klar ist, es kommen immer mehr Brettspiele auf den Markt. Jedes Jahr wird die Release-Liste auf der SPIEL länger. Als Spieler hat man heute eine so große Auswahl an Spielen, wie noch nie. Für fast jeden Geschmack ist etwas dabei und es werden, auch dank Kickstarter, immer wieder neue Dinge ausprobiert.

Heutige Spieler sind offen für neue Ideen und Mechaniken. Und da viele Brettspiele nun mal nicht sehr abwechslungsreich sind, was ja okay ist, will man regelmäßig etwas Neues.

Das ist nach meinem Gefühl übrigens anders, als in der Musikbranche, wo eine Band nichts wirklich Neues machen darf, da ansonsten die Fans auf die Barikaden gehen. Auch für Entwickler ist das eine gute Situation, da sie Neues ausprobieren können.

Was ist daran schlecht?

Aus meiner Sicht gibt es aber auch ein paar Punkte, die ich negativ am Cult of the New finde.

Zum einen ist es oft so, dass gute ältere Spiele nicht mehr gespielt werden, da immer wieder neue ins Haus kommen. Auch in Spielerunden bringen viele Spieler lieber ihre Neuerwerbungen mit. In vielen Regalen liegen noch ungespielte Brettspiele und dennoch werden neue gekauft.

Zudem habe ich den Eindruck, dass bei neuen Spielen nicht so sehr auf die Qualität geachtet wird, Hauptsache es ist neu. Hier blenden Previews und die optische Gestaltung häufig.

Nicht zuletzt ist das auch für Entwickler und Verlage ein Problem. Sie müssen Spiele zum Start gut verkaufen, weil sie danach meist nicht mehr viele davon an den Mann oder die Frau bringen können. Das ist ein Kaufverhalten, wie man es z.B. bei Büchern oft sieht.

Sonderfall Kickstarter

Kickstarter ist dabei nochmal ein Sonderfall. Hier herrscht ein extremer Cult of the New.

Die Fans legen bereitwillig teils sehr hohe Beträge auf den Tisch für Brettspiele, die erst in 9 Monaten oder einem Jahr erscheinen.

Viele freuen sich zudem während der Kampagne sehr auf das Brettspiel, aber wenn es dann wirklich ankommt, ist teilweise schon der Hype vorbei und man freut sich gar nicht mehr so sehr. Das ist bei mir zwar nicht so, aber ich habe das schon öfter gehört. Hier scheint es vielen wirklich nur darum zu gehen, beim neuesten „S—-ß“ dabei zu sein.

Allerdings würde ich Kickstarter keinesfalls verdammen. Mal abgesehen davon, dass hier auch immer wieder Spiele finanziert werden, die in einem normalen Verlag keine Chance gehabt hätten, gab es in letzter Zeit auch viele Neuauflagen von älteren Spielen dort zu finden. So zusagen der Cult of the New Old.

Gibt es den Cult of the New wirklich?

Ist wirklich etwas an diesem Kult dran?

Eine Analyse der Top 100 auf BGG von 2001 bis 2017 listet das durchschnittliche Alter der dort enthaltenen Spiele auf. Auf den ersten Blick scheint deutlich, dass in den letzten Jahren viel mehr neue Spiele in Top 100 sind. Das Durchschnittsalter ist deutlich gesunken.

Doch nachdem Spiele entfernt wurden, die älter als 10 Jahre sind (unter anderem auch so Sachen wie Go oder Crokinole) sieht es wieder anders aus. Und eine weitere statistische Analyse hat gezeigt, dass das Durchschnittsalter nahezu unverändert bleibt.

Das bedeutet, dass sich die Top 100 zwar verjüngt, aber in einem normalen Tempo. Es ist doch ganz normal, dass gerade bei Vielspielern sehr gute neue Spiele auch für eine gewisse Zeit recht weit oben im Kurs stehen. Keinesfalls fällt hier die Hälfte nach einem Jahr wieder raus.

Zudem stellt sich die Frage, wer diese Wahrnehmung hat. Auf BGG sind Vielspieler unterwegs, die sich auf Blogs, in Foren, in Podcasts und in Brettspiel-YouTube-Kanälen informieren und sich zudem auf Messen herumtreiben.

Die breite Masse an Familienspielern ist dort eher nicht vertreten. Und diese sind noch weit weniger hinter den allerneuesten Spielen her.

Unter dem Strich kann man sagen, dass es sicher ein großes Interesse an neuen Brettspielen gibt, aber es sicher nicht so extrem ist, wie manch einer vermutet. Dass der Wunsch nach neuen Spielen stärker größer geworden ist, liegt sicher auch am Internet. Man ist heute viel näher dran und erfährt von neuen Brettspielen sehr zeitig. Oft kann man sogar die Entwicklung verfolgen und so entsteht auch ein gewisser Hype um neue Brettspiele.

Früher kamen neue Brettspiele einfach raus. Vorher hat man als normaler Spieler davon gar nichts gehört. Es gab nicht diesen Hype, aber natürlich gab es auch viel weniger neue Spiele.

Ich bin dem Cult of the News auch erlegen – zumindest etwas

Ich merke das bei mir ja auch. Ich bin gespannt, was in Zukunft rauskommt, was man z.B. an meinen Artikeln hier im Blog über neue Spiele und kommende Kickstarter-Kampagnen sehen kann.

Ich bin auf Kickstarter recht aktiv, denn die Plattform übt schon einen besonderen Reiz auf mich aus. Unter anderem sicher auch wegen des „Neuen“, was man dort entdecken kann.

Und ich kaufe mir manchmal neue Spiele und komme erstmal gar nicht zum Spielen. Es fehlt teilweise einfach die Zeit.

„Das Gras auf der anderen Seite des Zauns bekanntlich immer grüner“ heißt es und das gilt in gewissem Maße auch für Brettspiele. Was man nicht hat, will man haben. Da schwingt die Hoffnungen auf noch viel tollere Spielerlebnisse mit, die leider auch immer wieder mal enttäuscht wird.

Aber sehen wir es positiv, der Cult of the New ist der Ausdruck von Hoffnung und Optimismus. Ich finde es jedenfalls besser sich auf neue Brettspiele zu freuen, die ja auch oft sehr gut sind, als alles Neue zu verteufeln.

Zudem werde ich in der Familie und teilweise auch in der Brettspiel-Gruppe wieder „geerdet“. Da werden regelmäßig Klassiker gewünscht bzw. auf den Tisch gebracht, so dass ich unter dem Strich eine ganz gute Mischung aus neueren und älteren Brettspielen spiele.

Nachdem ich nach meiner „Rückkehr“ ins Brettspiel-Hobby sehr viele neue Brettspiele gekauft habe, bin ich mittlerweile wieder deutlich wählerischer und habe auch großen Spaß ältere Klassiker zu entdecken bzw. immer wieder auf den Tisch zu bringen.

Wie ist das bei euch?

Wie seht ihr die Theorie des Cult of the New in der Brettspiel-Welt? Wollt ihr auch immer die neuesten Spiele haben oder holt ihr lieber ältere Klassiker aus eurem Regal?

Live-Streams auf Twitch

1 Kommentar

  1. Oliver

    Ich sehe dieses Problem nicht. Vor zehn Jahren bin ich nach Essen gefahren und habe einen großen Stapel Spiele spontan gekauft. Das meiste davon war dann stets nur mittelmäßig. Heute gibt es die Möglichkeit sich durch viele engagierte Blogs, Podcasts und Videos schon mal ganz gut vorab zu informieren oder die Regeln vorab zu studieren. Unterm Strich kaufe ich jetzt weniger Spiele, dafür aber gezielt die passenden. Dazu gibt es viele Möglichkeit auf Spieletreffen zu fahren und alles erst mal auszuprobieren.
    Und häufig sind die Neuheiten auch gründliche Überarbeitungen älterer guter Spiele. Oder bekannte Spielemechanismen werden variiert in neuen Spielen und plötzlich kommt ein neuer Knaller zustande. Abwarten lohnt sich in den meisten Fällen.
    Durch die größere Menge an Neuheiten werden meines Erachtens außerdem auch Nischen bedient, wo es früher fast gar nichts gab. Die Frage ist dann oft eher, ob man überhaupt Gleichgesinnte kennt, die so etwas mitspielen. Da ist natürlich die Versuchung oft groß, etwas zu kaufen, das man später nur 1-2 mal auf den Tisch bekommt. Aber dieses Problem gab es in den 80ern auch schon bei einem Diplomacy oder 1830.
    Richtig gute Titel – damit meine ich gutes Spiel + passend für meine Spielrunden – haben bei mir eine lange Lebensdauer und müssen zum Teil sogar neu gekauft werden, weil das Material abgenutzt ist.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert