Wenn man dem Brettspiel-Hobby verfallen ist, dann könnte man leicht das Gefühl bekommen, dass sehr viele Deutsche gern Gesellschaftsspiele und im Besonderen Brettspiele spielen.
Doch ist das wirklich so? Wie verbreitet sind Brettspiele?
Ich habe mir mal ein paar Statistiken und Zahlen angeschaut.
Sind Brettspiele in Deutschland weit verbreitet?
Ich bin nun schon eine Weile vom Brettspiel-Virus infiziert und habe damit auch meine Familie angesteckt.
Doch da ich im meinem Umfeld eben auch festgestellt habe, dass es viele Menschen gibt, die mit Brettspielen wenig bis gar nichts anfangen können (zumindest abseits der bekannten Klassiker), habe ich mal ein wenig recherchiert.
Wie beliebt sind Brettspiele in Deutschland wirklich? Im Ausland wird Deutschland gar oft, soweit ich das beurteilen kann, als Brettspielhochburg wahrgenommen. Unter anderem sicher wegen der Messe SPIEL in Essen und auch weil noch vor einigen Jahren oft von German-Games gesprochen wurde, wenn bestimmte Genres gemeint waren.
Und schaut man sich amerikanische Brettspiel-YouTube Kanäle an, so fällt auch immer wieder „Germany“ und „Spiel des Jahres“.
Doch ist das wirklich so? Ist Deutschland die große Brettspielnation?
Viele Brettspieler
Aktuelle Statistiken zeigen, dass erstaunlich viele Menschen regelmäßig Brettspiele spielen, auch wenn es natürlich mehr mobile Gamer gibt. Ich muss ehrlich sagen, dass ich das so gar nicht erwartet hätte.
Bei den Jüngeren liegt der Anteil je nach Altersgruppe zwischen 40 und 55 Prozent, die mindestens einmal im Monat ein Brettspiel spielen.
Weniger wird es dann ab Mitte Vierzig, aber auch da sind noch ca. ein Drittel dabei, wenn Brettspiele gespielt werden. Bei den über 56-Jährigen ist der Anteil der Brettspieler sogar höher als der Spieler von Mobile Games. Beides aber gering.
Trotzdem finde ich das schon mal interessante Zahlen, auch wenn sie wenig über die Art der Brettspiele aussagen. Sind es vor allem die Klassiker, die ich z.B. nicht mehr sehen kann? Oder spielt die Hälfte davon nur Catan, was sich eine sehr hohe Bekanntheit erarbeitet hat?
In diesem Artikel gibt es Zahlen aus einer Studie über die Freizeitnutzung. Unter anderem geht es darin auch um Gesellschafts- und Kartenspiele.
Demnach spielen 32% der Deutschen mindestens einmal im Monat Gesellschafts- und Kartenspiele. Hier ist der Anteil in allen Altersgruppen relativ stabil, wobei sicher bei den Älteren die Bedeutung der klassischen Kartenspiele zunimmt, so meine Vermutung.
Aber nur 8% spielen mindestens einmal die Woche Brettspiele und Co. Das zeigt schon, dass zumindest die Intensivspieler nicht so weit verbreitet sind, wie manch einer glaubt.
Umsätze steigen stark
Gesellschaftsspiele und Puzzles haben 2016 im zweiten Jahr hintereinander ein Umsatzwachstum von mehr als 10 % in Deutschland verweisen können. Das sind tollen Zahlen.
Besonders gut sieht die Situation bei den Familien- und Strategiespielen aus (also vor allem Brettspiele). Da stieg der Absatz um 26 % gegenüber dem Vorjahr an.
Der Umsatz mit Gesellschaftsspielen und Puzzles lag 2016 bei rund 450 Mio. Euro. Das ist nicht wenig, aber dennoch deutlich kleiner als der Umsatz der Videogames-Branche. Dennoch zeigt die Zahl von rund 40 Millionen Gesellschaftsspielen insgesamt, dass der Markt keineswegs klein ist.
Doch Umsatzzahlen wie im Computerspielbereich gibt es hier nicht. Der Branchenprimus Catan hat sich z.B. 2015 rund 100.000 mal in Deutschland verkauft. Mit so einer Anzahl wären die meisten größeren Videospiele ein Flop.
Und selbst die erfolgreichsten anderen Brettspiele liegen meist weit darunter.
Besonders die mit der „Spiel des Jahres“-Auszeichnung prämierten Brettspiele verkaufen sich sehr gut und dennoch sind schon 30.000 verkaufte Exemplare ein Erfolg. Daran kann man sich ausrechnen, wie viel von vielen anderen „spezielleren“ Brettspielen verkauft wird.
Alles in allem ist der Brettspiel-Markt also weiter am wachsen und insgesamt sind es sicher gerade verhältnismäßig fette Jahre für die Branche, aber reich werden die wenigsten. Von den geschätzen 1.000 Brettspielentwicklern in Deutschland können nur rund 40 davon wirklich leben.
Wenig- und Vielspieler
Man muss bei den Zahlen zu den Brettspielern sicher eine Unterscheidung treffen.
Es gibt viele normale Spieler. In der Videogame-Branche würde man von Casual Gamern sprechen. Das sind Spieler, die vielleicht einmal im Monat spielen, sich selber kaum Spiele kaufen und häufig immer das gleiche spielen. Ich würde gern mal wissen, wie viele Brettspielrunden in Deutschland nur Catan spielen.
Zwar schon von Ende 2013, aber immer noch sehr interessant, ist dieser Artikel. Dort wird angegeben, dass die Deutschen im Schnitt im Jahr 2014 27,90 Euro für analoge Spiele ausgeben wollen.
Das klingt relativ wenig. Doch man muss bedenken, dass das ja auf alle Deutschen bezogen ist und eben viele nur Mitspieler und Gelegenheitsspieler sind, die kaum selber Spiele kaufen. Gerade im Vergleich zu Videospielen, wo jeder Spieler auch das Spiel kaufen muss, ist das bei Gesellschaftsspielen ja ganz anders.
Und auch die, die immer dasselbe Brettspiel auf den Tisch bringen, geben nicht viel Geld für das Hobby aus.
Im Gegensatz dazu gibt es die Vielspieler, die sich intensiver mit dem Hobby beschäftigen und recht viel Geld für neue Spiele ausgeben. Diese sind sehr aktiv und informieren sich über Neuerscheinungen und so weiter.
Doch sind es sehr viele? Eher nicht. Die Spielbox, das wichtigste Magazin für Brett- und Gesellschaftsspiele, hatte 2014 eine Auflage von 14.500 Heften und erscheint sieben mal im Jahr. Das dürfte heute nicht viel anders aussehen.
Bekannte Brettspiel-Foren haben auch eine relativ übersichtliche Anzahl an Mitgliedern. So hat mein Lieblingsforum unknowns.de rund 2.000 Mitglieder. Auf spielen.de tummeln sich im Forum etwas mehr als 5.000 Mitglieder.
Ich will die Zahlen gar nicht kleinreden, da auch das sehr ordentliche Werte sind. Aber sie zeigen, dass die Community der wirklich aktiven und informierten Brettspieler in Deutschland verhältnismäßig überschaubar ist.
Fazit
Gesellschaftsspiele, gerade Brettspiele, sind in Deutschland sehr beliebt, keine Frage. Aber für viele ist es dennoch ein eher passives Hobby. Sie spielen nicht so oft und dann eher weniger unterschiedliche Spiele.
Die Vielspieler und die, die immer wieder neues ausprobieren, sind dagegen in ihrer Zahl deutlich geringer, vor allem wenn man das mal mit der Videospielbranche vergleicht.
Dennoch sind Brettspiele weit verbreitet, wenn auch nicht so breit und vielfältig, wie manch ein Brettspiel-Fan das manchmal glaubt. Doch der Trend ist weiterhin positiv und immer mehr Spiele machen auch in größerem Rahmen Schlagzeilen.
Es sind insgesamt gute Zeiten für Brettspieler.
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