Wie oft spielt ihr Brettspiele, bevor ihr euch eine Meinung bildet?

Schaut man sich manch einen Brettspiel-YouTube Kanal an, so ist es schon erstaunlich, in welch kurzen Abständen dort Brettspiel Reviews erscheinen. Aber auch auf mancher Website erscheinen fast täglich Reviews und da stellt sich mir doch die Frage, wie oft hat der Reviewer das Spiel gespielt.

Das bringt mich zu der generellen Frage, wie oft ihr ein Brettspiel auf dem Tisch habt, bevor ich euch eine Meinung bildet. Egal ob ihr ein Reviewer seid oder einfach nur ein Brettspieler bzw. eine Brettspielerin.

Meine eigenen Erfahrung und meine Meinung dazu, erfahrt ihr im Folgenden.

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Nach einer Partie verkauft …

Das liest man im Netz häufiger und ich frage mich dann immer, ob das so eine gute Entscheidung ist. Kann man ein Brettspiel schon nach einer Partie so gut einschätzen, um der Meinung zu sein es verkaufen zu wollen?

Hat man die Essenz eines Brettspiels nach einer Partie durchschaut? Oder wachsen Spiele mit mehr Partien, so dass man dann doch noch Spaß dran hat?

Und warum sollte man ein Spiel, was einem beim ersten mal nicht so gefallen hat, noch häufiger spielen? Es gibt heutzutage doch eine so große Auswahl.

Diesen Fragen gehe ich im Folgenden genauer auf den Grund.

Ersteindrücke und die endgültige Meinung

Hier in meinem Blog gibt es unter anderem Reviews, aber es sind nach mehr als anderhalb Jahren gar nicht mal so viele. Im Schnitt 1,5 pro Monat. Das hat zum einen natürlich den Grund, dass ich nicht jeden Tag zum Spielen kommen, weil es einfach ein Hobby in meiner Freizeit ist. Zum anderen möchte ich ein Review erst schreiben, wenn ich das Gefühl habe, ich habe das Spiel oft genug gespielt.

Deshalb gibt es bei mir im Blog auch immer mal wieder Ersteindrücke. Diese verfasse ich meist nach 1-2 Partien, um wirklich den ersten Eindruck vom Spiel zu schildern. Dabei kann der Ersteindruck recht stark vom entgültigen Fazit im Review abweichen, aber es kommt natürlich ebenfalls oft vor, dass sich der Ersteindruck bestätigt.

W. Eric Martin (CC3.0)

Auf jeden Fall hätte ich mich geärgert, wenn ich ein Spiel wie Nusfjord nach dem ersten Eindruck nicht mehr gespielt oder verkauft hätte. Der erste Eindruck in unserer Spielerunde war nicht so toll. Die anderen kannten es schon und ich kam gerade durch die vielen mir unbekannten Gebäude auf keinen grünen Zweig. Entsprechend negativ war die erste Spielerfahrung.

Doch danach kam es noch öfter auf den Tisch und je mehr ich es gespielt habe, um so mehr hat es mir gefallen. Mittlerweile gehört es zu meinen Lieblingsspielen des letzten Jahres.

Anders sah es zum Beispiel bei Rajas of the Ganges oder Azul aus. Beide Spiele fand ich von der ersten Partie an toll und daran hat sich auch nichts geändert.

Aber ich bin natürlich auch nicht „unschuldig“, was die Meinungsbildung nach der ersten Partie angeht. Bei Spielen wie Ruhm für Rom oder Seasons wollte ich keine zweite Partie spielen. Auch nach meiner ersten Partie Founders of Gloomhaven hatte ich kein wirklich Interesse mehr eine zweite Partie anzugehen. Mit ein wenig Abstand möchte ich solche Spiele aber doch nochmal spielen, vielleicht auch einfach mit jemand anderem zusammen. Schließlich haben auch die Mitspieler einen Einfluss auf mein Erlebnis und damit meine Meinung vom Spiel.

Dass ich ein Spiel nach einer Partie nicht mag liegt aber in der Regel nicht daran, dass diese Spiele schlecht sind. Ich habe oft einfach keinen Spaß daran, weil mir die Art des Spiels nicht zusagt. Oft sind es Mechaniken, die ich zu anstregend finde, da ich beim Spielen entspannt und hauptsächlich aus dem Bauch spielen möchte. Mathematik-Stunden brauche ich nach einem Arbeitstag dagegen nicht mehr. Das ist natürlich eine Erkenntnis, die man erst nach vielen unterschiedlichen Brettspielen für sich gewinnen kann.

Wie ich letztens in einem Artikel geschildert habe, können das leider viele Spieler nicht voneinander trennen. Dann ist das Spiel in deren Auge eben Scheiße, nur weil es vielleicht nicht ihr Geschmack ist.

Wie oft sollte man ein Brettspiel spielen als Reviewer?

Eine interessante Frage in diesem Zusammenhang ist zudem, wie oft ein Reviewer ein Spiel gespielt haben sollte, bevor er oder sie ein Review verfasst.

Bei mir ist es so, dass ich einfach das Gefühl haben muss, dass ich bereit für ein Review bin. Das hängt natürlich vom jeweiligen Spiel ab. Aber mehr als einmal sollte es schon sein, meiner Meinung nach. Ansonsten kann man weder ein Gefühl für die Regeln und Abläufe, noch Einblicke in Strategien und Möglichkeiten gewinnen. Komplexere Spiele werden ja meist sowieso erst mit vielen Partien richtig gut.

Schaut man sich also die YouTuber und Blogger mit einem hohem Review-Output an, dann werden dort auch eher die leichteren und kürzeren Spiele vorgestellt. Diese sind schneller gespielt und haben weniger Tiefe, was Strategien etc. angeht. Ein Kingdomino oder Zug um Zug kann man sicher nach 2-3 Partien ohne Probleme reviewen. Dabei hat man zwar noch nicht die Langzeitmotivation getestet, aber das Spiel an sich durchschaut.

Schmidt Spiele 49341 Die Quacksalber von Quedlinburg, Kennerspiel des Jahres 2018, blauWerbung/Bild:Amazon

Kennerspiele, wie Imperial Settlers und Die Quacksalber von Quedlinburg, sollte man meiner Meinung nach schon etwas häufiger spielen. Hier gibt es Variationen (z.B. unterschiedliche Völker und verschiedene Strategien), die man zumindest größtenteils mal ausprobiert haben sollte, bevor man sich eine Meinung bildet.

Ein Through the Ages oder Great Western Trail braucht dagegen noch mehr Partien. Hier gibt es einfach so viele Optionen und Strategien, dass man sich die Zeit dafür nehmen muss, zumal eine Partie auch recht lange dauert.

Meinung über Brettspiele – Mein Fazit

Nach einer Partie kann man sich meiner Meinung nach keine wirklich fundierte Meinung zu einem Brettspiel bilden. Man kann aber schon gut abschätzen, ob einem die Art Spiel gefällt oder nicht. Es gibt einfach Mechaniken, die mir z.B. nicht gefallen und bei denen ich keinen Spaß habe. Da kann das Spiel objektiv betrachtet noch so gut sein, ich möchte es dann nicht nochmal spielen.

Solche Spiele würde ich hier dann aber auch nicht reviewen. Es ist ein wenig wie früher bei den Computerspiele-Zeitschriften. Da hatten die Redakteure auch einzelne Genres, auf die sie spezialisiert waren und andere Arten von Spiele haben sie nicht reviewt.

Generell sollte man ein Spiel aber schon mehrmals spielen, bevor man sich eine Meinung bildert. Gerade Reviewer sollten das ernst nehmen und lieber bei den Reviews auf Klasse, statt auf Masse setzen.

Wie siehst du das? Kommt ein Spiel nach einer Partie auf eBay, wenn es dir nicht gefällt? Wie viele Partien gibts du einem Brettspiel, bevor du dir ein endgültiges Urteil darüber bildest?

Nach wie vielen Partien bildest du dir eine Meinung über ein Brettspiel?

Ergebnis

6 Kommentare

  1. Thomas Boley

    Es hängt tatsächlich vom Spiel ab. Oder anders gesagt: eigentlich habe ich so eine Faustregel, dass man ein Spiel mindestens zehn Mal gespielt haben sollte, um sich eine fundierte Meinung dazu bilden zu können. Es gibt bei Spielen Spätzünder, die erst nach vielen Runde ihr Potential erkennen lassen — aber auch welche, bei denen man erst später dahinter steigt, was für Möhren sie eigentlich sind.

    Oft genug mache ich aber auch Ausnahmen. Dann, wenn mich ein Spiel bereits während der ersten Partie begeistert, weil ich das Potential sehe (etwa Root) oder Kandidaten, bei denen mir bereits beim lesen der Anleitung die Haare zu Berge stehen — weil hier schon schlampig gearbeitet wurde.

  2. Michael L.

    Ich denke ebenfalls das es von der Art des Spiels abhängig ist wie schnell man sich ein Urteil bilden kann. Je komplexer die Mechanismen verzahnt sind, desto schwieriger wird es sich ein Urteil zu bilden. Man kann jedoch auch schon (eher durch Zufall) beim ersten Mal auf einen Designfehler stoßen anstatt beim zehnten Spiel. So hat sich z.B. bei Star Wars Rebelion herausgestellt das man als Imperialer Spieler Probleme bekommt, wenn der Rebellenspieler einige Killerkombos durch Zufall direkt am Anfang erhält. Dies führt dazu das sich die Partie äußerst Zäh, lang und langwierig spielt obwohl der Ausgang schon sehr schnell ziemlich offensichtlich ist. Beim ersten Mal stand daher das Urteil schon fest, was nur durch weitere Partien (20) bestätigt wurde. Manche Kombis lassen den Ausgang der Partie bereits Vorhersagen obwohl man noch zwei Std spielt. Einige finden wohl diese Kombis erst nach dem zehnten Spiel heraus -zumindest erkläre ich mir neben der starken Lizenz damit die hohe Bewertung auf BGG.

  3. Ronny Berrang

    Eigentlich war keine passende Antwort für mich dabei. Denn ich mir reicht eigentlich bei jedem Spiel eine Runde, um mir eine Meinung zu dem Spiel zu bilden. Allerdings ist diese Meinung dann nicht „Gut“ oder „Schlecht“, sondern eher „will ich noch mal spielen“, „gefällt mir leider gar nicht und will ich nicht mehr spielen“ oder “ gefällt mir gut, muss ich unbedingt wieder spielen“.
    Um dein Beispiel aufzugreifen mit Nusfjord. Ich würde dir jetzt mal unterstellen, dass du das Spiel beim ersten Mal nicht wirklich schlecht gefunden hast? Bei mir war es letztlich z.B. Founders of Gloomhaven. Das fand ich auch nicht wirklich schlecht, aber ich empfand manches als nicht wirklich fair oder nicht so gut. Beim zweiten Spiel war mir dann klar, ich brauche das Spiel nicht und würde zukünftig lieber etwas Anderes spielen. Das wären also zwei Spiele und ich würde behaupten, die Meinung würde sich nicht mehr ändern, egal wie oft ich es spiele.
    Alternativ nehme ich Blood Rage. Es hat mich von Anfang an umgehauen und noch heute finde ich es fantastisch. Auch hier hätte ein Spiel gereicht, um meine Meinung zu bilden.
    Ich muss dir aber auch sagen, ich verstehe deine Meinung und finde Sie auch gut. Man sollte nicht Review nennen, sondern Ersteindruck oder Meinung nach X Runden. Das wäre für alle besser und verständlicher, worauf die Meinung beruht.
    Bleib also bei deiner Art, aber hau vielleicht mehr Ersteindrücke raus, die finde ich immer interessant. :)

  4. Michael Below

    Mir geht es so ähnlich wie @Ronny Berrang. Für mich zählt, ob mir das Spiel gefällt und ob ich es noch öfters spielen möchte.
    Aber die Entscheidung fällt noch viel früher und zwar mit dem Entscheidungsprozess ob ich ein Spiel kaufe oder auf Kickstarter unterstütze. Ich habe jetzt in einem Jahr ca. 30 Spiele gekauft und 10 Spiele auf KS unterstützt. Meine Meinung bilde ich mir auf Basis von Videos und von schriftlichen Rezensionen.
    Dabei habe ich genau zwei Mal daneben gegriffen: Magic Maze und Dungeon Petz. Es sind keine schlechten Spiele aber sie haben mir überhaupt nicht zugesagt.
    Manche Spiele habe ich nur gesehen und sofort eine Abneigung bzw. Ein Unbehagen entwickelt wie z.B. bei AZUL und THE MIND. Die möchte ich noch nicht einmal ausprobieren.
    Es gibt aber auch Spiele, die nach einer Partie abegelehnt werden wie z.B. RAJAS OF THE GANGES welches Freunde erworben hatten
    Die erste und einzige Partie zu Viert war ein Desaster. Nach dem erstem Drittel war schon klar, dass ein Mitspieler haushoch gewinnen würde. Ich kann nicht beurteilen, ob es gut oder schlecht ist. Aber mir bereitet es keine Freude.
    Bei manchen Spielen dauert es Monate bis zur Kaufentscheidung. Bestes Beispiel dafü ist DIE BURGEN VON BURGUND. Ich bin so froh, dass ich es erworben habe.
    Die Entscheidung ein Spiel ist sehr subjektiv bis auf zwei quantizifierbare Faktoren: Preis und Spieleranzahl.
    Bei Rezensionen finde ich es wichtig, dass ein Spiel mit verschiedenen Spieleranzahlen getestet wird.

  5. Sascha 36

    Wie man muss Spiele gespielt haben um sich darüber äußern zu dürfen ? Ich dachte es reicht eine Anleitung zu lesen um sagen zu können das ein Spiel totale Grütze ist bzw unbalanciert und das redaktionell schwach gearbeitet wurde.
    Jetzt muss ich Spiele auch noch mehrmals spielen ???
    In den Foren funktioniert das aber heutzutage anders :)

  6. Christoph Post

    Wie schon oben erwähnt, ist es abhängig vom Spiel.
    Ich glaube aber schon, dass ich bereits nach einem Spiel bzw. auch teilweise sogar nach der Erklärung mit einer 85% Trefferwahrscheinlichkeit sagen kann, ob das Spiel gut oder schlecht ist.
    Anders wäre es auch im Vorfeld einer Veranstaltung der SPIEL die Menge an interessanten Spielen auf ein erträgliches Maß zu reduzieren.
    Eine fundierte Kritik kann natürlich erst nach einigen weiteren Partien (auch das abhängig von der Komplexität des Spiels) erfolgen.

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