Einblicke in die Entwicklung von Brettspielen sind immer interessant. Noch spannender wird es, wenn die Finanzierung per Crowdfunding geschieht, wie es bei Head for Glory der Fall ist.
Das Arena-Kampfspiel eines deutschen Spieleentwickler-Teams ist gerade auf Kickstarter am Start und im Interview gibt es interessante Einblicke und Informationen zur Entstehung des Spiels und dessen Besonderheiten.
Viel Spaß.
Wie bist du zum Brettspiel-Hobby gekommen?
Hier habe ich vermutlich eine ähnliche Vorgeschichte, wie einige Brettspieler in meinem Alter. Angefangen hat es als Kind mit einer Spielesammlung meiner Eltern. Da war dann hauptsächlich das Leiterspiel, Malefitz oder Mensch ärgere dich nicht angesagt. Um Monopoly bin ich allerdings auch nicht herumgekommen, bevor so mit 10-12 Jahren Siedler von Catan im Mittelpunkt stand. Danach kam die Phase, in der Brettspiele nicht mehr ‚cool‘ genug und Videospiele interessanter geworden sind. Das dürfte so bis zum 3. oder 4. Semester meines Animation & Game Studiums angehalten haben.
Das Studium hat zum einen sehr viel Zeit am Bildschirm vorausgesetzt, da war dann der analoge Ausgleich beim Brettspielen sehr schön. Zum anderen gab’s auch innerhalb des Studiums ab und an die Aufgabe, sich im Detail mit den Spielmechaniken von Brettspielen auseinanderzusetzen. So habe ich dann wieder deutlich mehr einen Bezug zu Brettspielen bekommen.
Unterm Strich ist das beste an Brettspielen glaube ich der direkte persönliche Austausch, den man während der Partien mit seinen Mitspielern hat.
Was waren deine ersten Brettspiele und was fasziniert dich daran?
Die ersten Brettspiele waren neben denen, die ich schon genannt hatte, noch Mühle und später zu meiner ‚Catanzeit‘ zum Beispiel noch Ubongo. Da ich die Spiele aber schon sehr lange nicht mehr gespielt habe, könnte ich jetzt nicht konkret sagen, was mich genau begeistert hat.
Generell sind Brettspiele für mich vor allem auch deshalb super spannend, weil sie, anders als ein Videospiel, mit vergleichbarer Komplexität nichts im Hintergrund berechnen oder korrigieren können. Das bringt natürlich einige Einschränkungen und Herausforderungen mit sich, was in der Regel dazu führt, dass die Autoren und Entwickler bei ihren Spielkomponenten häufig zu kreativen und pragmatischen Lösungen gezwungen werden.
Warum hast du begonnen Brettspiele zu entwickeln?
Head for Glory ist bisher das einzige Brettspiel, an dem ich gearbeitet habe bzw. arbeite und der Start dafür schließt ein bisschen an den Grund für meine Faszination für Brettspiele an.
Der Anfang war letztlich eine Aufgabe, die meine beiden Studienkollegen und Freunde Anton und Daniel – beide Teil von Head for Glory – während des Studiums bekommen hatten. Die Beiden sollten ein Videospiel zu einem Brettspiel ‚übersetzen‘. Da war es ganz aufregend zu sehen, wie die Beiden versucht haben das Spielgefühl des Videospiels in ihre Brettspielversion zu übertragen.
Head for Glory(Glatznasch) |
In diesem Arena Kampfspiel versuchen wir am Ende den Kopf von Caesar zu erobern und dadurch zum Kaiser zu werden. Wie können auch besondere Fähigkeiten einsetzen. |
Autor: Philipp Liese Grafiker: Anton Boger, Daniel Eißler |
3 - 4 Spieler ab 14 Jahren 80 - 120 Minuten 7.6 von 10 BGG Bewertung - BGG Position |
Wie kamt ihr auf Idee für Head for Glory und um was geht es genau?
Grundlage war Antons und Daniels Brettspielversion eines Videospiels, die letztlich dazu geführt hat, dass wir als Semesterprojekt während des Studiums ein Brettspiel machen wollten. Das Ergebnis des Semesterprojekts war dann letztlich die Grundlage für Head for Glory.
Im Spiel übernimmt man die Kontrolle über einen Prätorianer, also einer Leibgarde Caesars. Caesar selbst hat das zeitliche gesegnet und in unserer fiktiven Version Roms nimmt man ihm den Kopf ab und bewahrt diesen auf. Ziel der Prätorianer, und damit der Spieler, ist es, sich im Kampf zu beweisen und sich diesen Kopf zu schnappen, um sich damit als neuer Kaiser zu behaupten.
Bevor sie an diesem Wettstreit teilnehmen können, müssen die Prätorianer allerdings ihren bisherigen Kopf abgeben. Um trotzdem Kämpfen zu können, wählen sie einen neuen Kopf aus, der ihnen verschiedene Fähigkeiten verleiht. Anschließend versuchen sie im Verlauf des Spiels sich Caesars Kopf aufzusetzen, diesen lange genug zu behalten und dadurch als Sieger und neuer Kaiser den Wettstreit zu beenden.
Welche Mechaniken erwarten uns im Spiel und was ist das Besondere daran?
Das Spiel ist ein rasantes und kompetitives, würfelbasiertes Arenakampfspiel. Dreh- und Angelpunkt sind Köpfe und deren Fähigkeiten. Im Spiel wählen die Spieler einen aus neun Köpfen aus, den sie ihrer Figur aufsetzen. Jeder dieser Köpfe hat eine eigene Fähigkeit, die die Spieler zu ihrem größtmöglichen Vorteil nutzen sollten.
Für uns ist das spannendste hierbei, dass Spieler ihre Taktik nicht auf einen Kopf zuschneiden können, weil sie im Verlauf des Spiels immer wieder enthauptet werden und sich einen neuen Kopf aussuchen müssen.
Ihre Taktik können die Spieler in erster Linie durch das Verbessern ihrer Attribute beeinflussen. Daneben können sie noch Karten ausspielen um ihre Angriffe, Bewegung oder Verteidigung zu modifizieren.
Wie lief die Entwicklung eures Brettspiels ab?
Da wir bis dato noch kein Geld mit Head for Glory verdienen bzw. verdient haben, läuft dessen Entwicklung parallel zu unseren ’normalen‘ Berufen ab. Eine Hälfte der Woche arbeiten wir also an Head for Glory und die andere Hälfte verdienen wir unser Geld. Wovon natürlich auch einiges wieder ins Spiel fließt.
Was für uns noch super ist, ist eine Art Förderprogramm unserer Hochschule, durch das Absolventen der Uni die Möglichkeit haben einen Platz in einem von der Uni gestellten Büroraum zu bekommen. Das hilft enorm, weil wir uns nicht zusätzlich Gedanken über die Räumlichkeiten in denen wir arbeiten machen müssen.
Wer hat die Gestaltung übernommen und wie aufwändig ist so etwas?
Anton hat alle finalen Illustrationen für unser Spiel umgesetzt. Allerdings haben wir gemeinsam als Team verschiedene Designregeln entwickelt, die quasi die Grundlage für unser Artwork bilden. Die Hauptarbeit für diese Regeln haben Anton und Daniel zu zweit übernommen, ich war normalerweise immer nur dann involviert, wenn wir entweder eine grobe Richtung als Grundlage besprochen haben oder wenn wir uns endgültig auf eine Regel geeinigt haben.
Wenn’s um konkrete Motive und Darstellungen geht, z.B. das Artwork für einen Kopf, heißt für Anton erstmal Recherchearbeit. Welche Helmformen gibt es? Welche Materialien, was passt thematisch zu den Spielmechaniken?
Danach bereitet Anton verschiedene Skizzen zu einem Kopf vor, die wir im Team besprechen und dabei unsere Favoriten auswählen. Diese werden weiter ausgearbeitet, es gibt wieder eine Feedbackrunde und die Schleife beginnt wieder von vorne. Irgendwann kommt man dann an einer Version an, die final ausgearbeitet wird und es dann ins fertige Spiel schafft.
Das aufwändigste war für uns neben dem Design – wo wir den Aufwand durch die Anzahl der Feedbackrunden ganz gut regulieren konnten – vermutlich jedes Artwork in das richtige Format zu bringen und für den Druck der Prototypen vorzubereiten. Da gibt es immer wieder einige Dinge, die man leicht übersehen oder vergessen kann.
Wie sieht es mit der Ausstattung eures Spiels aus und welche Stretch Goals gibt es?
An sich gibt es in der Basisversion von unserem Spiel nichts, was die Spieler überraschen dürfte. Am ehesten noch die Menge der Würfel oder unsere custom Standees für die Kopftokens. Ansonsten sind die Komponenten recht einfach gehalten. Es gibt zum Beispiel gestanzte Pappteile, Charaktertableaus, 3 kleinere Kartendecks und natürlich auch ein Spielfeld.
Spannender wird’s dann bei den Stretchgoals. Da sind, glaube ich, vor allem das Double-layer-tableau mit Slots für die Skillpunkte und die Kopfinfokarten interessant. Für manche Spieler aber sicherlich noch viel interessanter, sind die 3D Figuren mit magnetischen 3D Köpfen. Die hatten wir für einen Prototypen auch am 3D-Drucker mal getestet. Das Auf- und Absetzen hat damit doch am meisten Spaß gemacht.
Warum seid ihr mit Head for Glory überhaupt auf Kickstarter gegangen? Was sind die größten Herausforderungen?
Da gibt’s glaube ich mehrere Punkte, die uns dazu bewegt haben auf Kickstarter zu gehen. Wir wollten ungern die Kontrolle über das Spiel, vor allem über das Thema abgeben. Was vermutlich schwierig gewesen wäre, hätten wir versucht uns an einen Verlag zu wenden, der dann die Produktion, Marketing und Vertrieb usw. organisiert.
Zusätzlich fanden wir es sehr reizvoll aus eigener Kraft und mit eigenen Mitteln eine Kampagne auf die Beine zu stellen. Was das allerdings konkret bedeutet, hatten wir nicht wirklich auf dem Radar.
Mit das schwierigste oder vielleicht eher zeitaufwändigste abseits der eigentlichen Entwicklung, ist die Recherchearbeit zu all den Punkten, die eine Kickstarterkampagne abdecken sollte. Welche Firmen stellen Brettspiele her? Wer übernimmt den Versand? Welche Inhalte müssen auf die Projektseite? Wie macht man die Spieler auf das Spiel aufmerksam? Das sind nur ein paar der Fragen, die aufkommen.
Zum Glück ist die Branche sehr durchlässig, was Informationen und Wissen zu diesen Dingen angeht. Jamie Stegmaier und James Mathe sind da die ersten, die mir einfallen. Jamie gibt über seinen Blog zum Beispiel extrem viele wichtige Hintergrundinformationen zu Themen, an die man im Vorfeld nicht mal im entferntesten gedacht hätte.
Generell ist die gesamte Community aber auch immer bereit Feedback zu geben und einem bei den Problemen zu helfen. Das ist sicherlich nicht überall so und hilft ungemein.
Was sind deine aktuellen Lieblings-Brettspiele?
Gute Frage, zuletzt habe ich vor allem Die Tavernen im Tiefen Thal gespielt, allerdings gefielen mir Bärenpark und Legenden von Andor auch extrem gut. Dass ich die gespielt habe, ist aber schon ein oder zwei Monate her.
Schreibe einen Kommentar