Deutschland gilt als das Brettspiel-Land überhaupt. Von hier aus begann das große Brettspiel-Revival mit Klassikern wie Catan oder Carcassonne.
Hunderte Brettspiele erscheinen jedes Jahr hier im Handel, mehr als man sich zulegen könnte. Warum also sollte man Brettspiele auf englisch kaufen?
Genau dieser Frage gehe ich im Folgenden auf den Grund und stelle auch ein paar Beispiele aus meiner Sammlung vor.
Brettspiele auf englisch kaufen
Schaut man sich die Brettspiel-Ankündigungen auf der großen Messe SPIEL in Essen an, dann findet man auch in diesem Jahr wieder hunderte Neuerscheinungen in deutscher Sprache.
Aber auch im restlichen Jahr erscheinen pro Monat dutzende neue Brett- und Gesellschaftsspiele in Deutschland, so dass einem wohl nie die Spiele ausgehen werden.
Dennoch kommt es immer häufiger vor, dass deutschsprachige Spieler englischsprachige Brettspiele kaufen. Auch ich zähle dazu, obwohl meine Liste der Wunschspiele auch sehr viele deutschsprachige Ausgaben umfasst.
Gründe für englische Brettspiele
Es gibt eine Reihe von Gründen, wieso Spieler zu englischsprachigen Spielen greifen.
Ein Grund ist, dass in den letzten Jahren der Brettspiel-Boom vor allem auch die USA erfasst hast. Auf diesem deutlich größeren Markt werden nicht nur immer mehr Brettspiele gekauft, sondern es gibt dort auch große (und viele kleine) Verlage, die immer mehr neue Brettspiele veröffentlichen.
Viele davon gibt es ausschließlich oder zumindest erstmal nur auf englisch. Will man ein neues Spiel aus Übersee sofort spielen, muss man zur englischsprachigen Version greifen. Aber das ist in vielen Fällen dennoch kein zwingender Grund, schließlich kommen die populären Brettspiele früher oder später auch auf deutsch heraus.
Anders sieht es da mit Nischen-Spielen aus. Gerade kleinere Verlage bringen teilweise sehr interessante Brettspiele heraus, die niemals auf deutsch veröffentlicht werden. Hier bleibt dem Fan gar nichts anderes übrig, als zur englischen Version zu greifen. Das ist z.B. bei vielen Wargames der Fall.
Andere Beispiele sind z.B. Defenders of the Realm und Champions of Midgard. Beides tolle Spiele, die leider nie eine deutsche Version bekommen haben.
Defenders of the Realm(Eagle-Gryphon Games) |
Ein schönes Miniaturenbrettspiel, welches auch einige Erweiterungen bekommen hat, aber nie auf deutsch erschienen ist. |
Autor: Richard Launius Grafiker: Larry Elmore |
1 - 4 Spieler ab 13 Jahren ca. 90 Minuten 7.3 von 10 BGG Bewertung Pos. 729 BGG Position |
Hier musste ich einfach zuschlagen, da das Spiel auch nicht sehr kompliziert ist, aber viel Spaß macht. |
Champions of Midgard(Corax Games) |
Der Jarl ist tot und es geht um dessen Nachfolge. Und wie Wikinger nun mal sind, müssen sie Heldentaten vollbringen, um gewählt zu werden. Mythische Monster und Ungeheuer greifen den Ort über Land und über das Meer an und wir müssen Kämpfer (Würfel) rekrutieren und gegen diese antreten. |
Autor: Ole Steiness Grafiker: Jose David Lanza Cebrian, Víctor Pérez Corbella |
2 - 4 Spieler ab 10 Jahren 60 - 90 Minuten 7.7 von 10 BGG Bewertung Pos. 130 BGG Position |
Bei der deutschen Spieleschmiede ist das Grundspiel nun auf deutsch finanziert worden und die Erweiterungen sollen auch noch kommen. |
2 Euro Rabatt-Code: SE2NK8 |
Ein anderer Grund sind Spiele, die „Out of Print“ sind. Es gab einmal eine deutsche Version, aber die ist schon lange vergriffen. Die englische Version ist allerdings noch erhältlich. So ist das aktuell z.B. beim hervorragenden Railways of the World, das in den Top 100 bei BGG ist.
Railways of the World(Eagle-Gryphon Games) |
Ich mag Eisenbahn-Brettspiele sehr und da ist Railways of the World mit seinen vielen Ablegern einer meiner Favoriten. Leider warte ich schon lange auf eine deutsche Version, so dass ich mittlerweile zur englischsprachigen gegriffen habe. |
Autoren: Glenn Drover, Martin Wallace Grafiker: Kurt Miller, Paul Niemeyer, David Oram |
2 - 6 Spieler ab 10 Jahren ca. 120 Minuten 7.7 von 10 BGG Bewertung Pos. 184 BGG Position |
Auf manche Klassiker wartet man ewig, was schon sehr ärgerlich sein kann. Leider hat die Spieleschmiede die Pläne für dieses Spiel nun auf Eis gelegt. |
Ein weiterer Grund ist, dass englischsprachige Versionen teilweise einfach günstiger sind. Es gibt Brettspiele, die nur in kleiner Auflage auf deutsch erscheinen und deshalb teurer sind. Auch auf eBay gehen die englischsprachigen Versionen oft günstiger weg, da sich nicht so viele dafür interessieren.
World of Warcraft: Das Brettspiel(Heidelberger) |
Das erfolgreiche MMORPG World of Warcraft hat hiermit eine gute Brettspielumsetzung bekommen, die einen in die Welt von Azeroth führt. Viele Quests, massig Ausrüstung und viele Kämpfe erwarten die Spieler dort. |
Autor: Christian T. Petersen Grafiker: Jesper Ejsing, John Goodenough, Andrew Navaro, Scott Nicely, Brian Schomburg |
2 - 6 Spieler ab 12 Jahren ca. 180 Minuten 6.7 von 10 BGG Bewertung Pos. 1653 BGG Position |
Ich habe es für rund 50 Euro in der englischsprachigen Version bekommen, was völlig okay war. |
Ein weiterer mittlerweile sehr häufiger Grund ist die Crowdfunding-Plattform Kickstarter. Dort werden unzählige Brettspiele jeden Monat durch Fans finanziert. Darunter finden sich teilweise große und üppig ausgestattete Produktionen etablierter Verlage, aber auch kleine Perlen, die es nie in den normalen Handel geschafft hätten. So oder so gibt es oft nur die englischsprachige Variante bei Kickstarter und wer dabei sein will, muss wohl oder übel zu dieser greifen. Ein aktuelles Beispiel ist Gloomheaven.
Gloomhaven(Feuerland Spiele) |
In Gloomhaven stürzt ihr euch ins Abenteuer, kämpft gegen Monster, erfüllt Aufträge und entwickelt eure Charaktere weiter, bis diese weiterziehen und ihr einen neuen Held oder Heldin in den Kampf führt. |
Autor: Isaac Childres Grafiker: Alexandr Elichev, Josh T. McDowell, Alvaro Nebot |
1 - 4 Spieler ab 14 Jahren 60 - 120 Minuten 8.6 von 10 BGG Bewertung Pos. 3 BGG Position |
Erstaunlicherweise hat Feuerland eine deutsche Version angekündigt, die im Herbst 2018 erscheinen soll. Das hätte ich nicht erwartet. |
Preis inkl. MwSt. zzgl. Versandkosten | Preis-Info |
Eine Alternative ist zwar die deutsche Spieleschmiede, aber dort gibt es vergleichsweise wenige Kampagnen, so dass nur relativ wenige erfolgreiche Kickstarter-Brettspiele auf diese Weise eine deutsche Version bekommen.
Als Brettspiel-Fan, der auch abseits der Mainstream-Brettspiele dabei sein möchte, kommt man teilweise einfach nicht um die englischsprachigen Versionen herum. So wird voraussichtlich keine deutsche Version von The 7th Continent erscheinen. Aber vielleicht gibt es da ja auch eine Überraschung.
The 7th Continent(Serious Poulp) |
Fast schon wie bei einem Abenteuer-Buch kämpft man sich mit seinen Charakteren durch den namensgebenden 7th Continent. Man trifft auf Gegner, entdeckt Geheimnisse, muss aber oft auch einfach nur ums Überleben kämpfen. Der Story-getriebene Ansatz erinnert an ein Rollenspiel. |
Autoren: Ludovic Roudy, Bruno Sautter Grafiker: Ludovic Roudy |
1 - 4 Spieler ab 14 Jahren 5 - 1000 Minuten 7.9 von 10 BGG Bewertung Pos. 94 BGG Position |
Der schiere Text-Umfang des Spiels macht es recht unwahrscheinlich, dass es davon eine deutsche Version erscheinen wird. |
Preis inkl. MwSt. zzgl. Versandkosten | Preis-Info |
Als deutscher Spieler damit klarkommen
Für mich persönlich sind englischsprachige Brettspiele kein großes Problem, da ich der Sprache mächtig bin. Allerdings muss auch ich sagen, dass ich mir lange Anleitungen oft lieber doch auf deutsch durchlese, da es die Sache etwas einfacher macht.
An deutsche Regeln kommt man oft relativ leicht. Entweder man findet einen offiziellen Download im Netz, der z.B. noch von der mittlerweile vergriffenen deutschen Ausgabe stammt, oder man schaut auf Boardgamegeek.com nach. Auf der größten und wichtigsten Brettspiel-Website der Welt finden sich so gut wie alle Brettspiele, die jemals erschienen sind. Und bei einem guten Teil davon findet man auch eine deutsche Fan-Übersetzung der Regeln, wenn es diese offiziell nur auf englisch gibt.
Übrigens gibt es einige deutschsprachige Brettspiel-YouTuber, die komplette Regelerklärungen zu Spielen veröffentlichen. Auch das ist sicher für viele besser, als sich durch eine englischsprachige Anleitung zu quälen.
Das Spiel selber ist zudem einfacher mit deutschen Spielern zu spielen, wenn das Spielmaterial relativ sprachunabhängig ist. Damit sind das Spielbrett, Karten und ähnliches gemeint. Gloomhaven fällt nicht in diese Kategorie, aber z.B. Hyperborea, welches ich mir erst kürzlich als günstigere englische Version zugelegt habe. Die deutsche Anleitung findet man im Netz und auf dem Spielmaterial ist so gut wie kein Text zu finden.
Hyperborea(Asmodee) |
Ein sehr schönes Abenteuer-Brettspiel, welches interessante Mechanismen enthält. Die Karten und das restliche Spielmaterial enthalten keine spielrelevanten Texte, sondern nur Symbole. |
Autoren: Andrea Chiarvesio, Pierluca Zizzi Grafiker: Miguel Coimbra, Fabio Gorla, Federico Musetti, Roberto Pitturru |
2 - 6 Spieler ab 14 Jahren 50 - 150 Minuten 7.2 von 10 BGG Bewertung Pos. 900 BGG Position |
Ein perfektes Beispiel für ein Brettspiel, welches sprachneutral ist und damit die englische Version auch für deutsche Spieler kein Problem ist. |
Gerade die Kartentexte sind für Spieler oft ein Problem, die nicht so gut englisch sprechen. Auch hier finden sich bei BGG bei manchen Spielen Fan-Übersetzungen, die man mit Hilfe von Kartenhüllen (Sleeves) über den englischen Text legen kann.
Nicht zuletzt stellt zumindest für manche aktuelle Kickstarter die Spieleschmiede eine Option dar, da hier oft neben der kompletten deutschen Version auch ein deutsches Upgrade-Pack angeboten wird, welches z.B. nur die eingedeutschten Regeln und z.B. Karten mit Text enthält. So kommt man günstig an die übersetzten Spielmaterialien.
Generell muss ich aber auch sagen, dass man sich einfach mal an englischsprachige Brettspiele trauen sollte. Zu Beginn mag es antrengend und holprig sein, aber man lernt dadurch einfach auch besser englisch.
Für mich sind englischsprachige Brettspiele mittlerweile auf jeden Fall eine Option. Seien es Kickstarter, Nischenspiele oder Klassiker, die es nur auf englisch gibt bzw. die deutlich günstiger sind. Bei manchen Spielen, wenn sehr viel Text enthalten ist, wenn es eher was für meine Familie ist oder wenn beide Varianten erhältlich sind, greife ich aber meist auch lieber zur deutschen Version.
Kauft ihr englischsprachige Brettspiele?
Zu guter Letzt würde mich interessieren, wie das bei euch mit englischsprachigen Brettspielen aussieht.
Kauft und spielt ihr englischsprachige Brettspiele?
- Ja, das ist kein Problem. (56%, 104 Stimmen)
- Ja, aber ich besorge mir die deutschen Regeln. (16%, 30 Stimmen)
- Ja, aber nur wenn das Spielmaterial sprachneutral ist. (16%, 30 Stimmen)
- Nein, bei mir muss alles auf deutsch sein. (12%, 22 Stimmen)
Anzahl Teilnehmer: 186
Am Ende muss ich aber nochmal sagen, dass ihr deutsche Verlage, wenn möglich, unterstützen solltet. Auch wenn das Hobby bommt, die meisten Brettspiele haben niedrige vierstellige Auflage und jedes verkaufte Exemplar hilft dem deutschen Verlag sehr.
ein weiteres, sehr großes Problem wie ich finde ist, dass ein englisches Spiel zwar ggfs. Lokalisiert wird, aber dann ggfs die Erweiterung(en) nicht oder erst Jahre später. Das nervt mich extrem.
Daher greif ich dann lieber zur englischen Version – da habe ich seltener Probleme mit Angebot und Nachfrage. In Deutschland ist das zumindest bei meinem Spielegeschmack oft zum Haare ausreißen. Allerdings bin ich auch native speaker und daher macht mir das weniger aus. Es ist ein Luxusproblem. Was ich absolut hasse sind Sprachversion es zu mischen. Ich hab das jetzt zum ersten mal bei Viticulture EE von Feuerland machen müssen, weil es Tuscany nicht auf Deutsch gibt und die Aussagen dazu, ob es eine deutsche version geben wird von Feuerland eher negativ beantwortet wurden. – Bei diesem Spiel extrem Schade, weil Tuscany in meinen Augen essentiell ist und Viticulture dadurch zur richtigen Perle wird. Ein Glück ist Tuscany relativ einfach zu integrieren für anglophobe Mitspielerinnen.
Das ist auf jeden Fall ein weiteres Argument für englischsprachige Spiele und eigentlich ein Thema für einen ganz eigenen Artikel. Ich verstehe natürlich, dass Brettspiel-Verlage kaufmännisch denken müssen, aber deutschen Brettspielern dann einfach die Erweiterungen vorenthalten, ist nicht okay. Das sollte man sich bei den Verlagen vorher gut überlegen.
Für mich persönlich ist es vollkommen ok, Sprachen zu mischen, wenn es nicht anders geht oder ich dabei günstiger wegkomme. Aber das ist sicherlich Geschmackssache.